Wie URL, Meta Title und Breadcrumb auf Deiner Website www.brigitte.de/barbara verraten, ist der ansonsten nicht sichtbar datierte Artikel, aus dem ich einen längeren Absatz zitieren möchte, anlässlich des Bachelor-Finales vor zwei Jahren erschienen. Das ist praktisch, denn so kannst Du ihn Staffel für Staffel immer wieder auf Deiner Startseite anteasen.
Jessica Seifferts mitunter trotzige Verteidigung ihrer Trash-TV-Vorliebe sorgt bestimmt alle Jahre wieder für ordentlich Klickzahlen – auch wenn die Einschaltquoten der RTL-Sendung selbst auf dem absteigenden Ast sind. Aber ich wollte ja über diese Textpassage reden:
Wir können kaum glauben, dass man sich öffentlich so zum Löffel macht. Mir ist durchaus bewusst, dass das echt gemein ist. Mit Gefühlen spielt man nicht. So ein Verhalten gehört, wenn überhaupt, in die Phase der Pubertät und nicht in das hübsch eingerichtete Wohnzimmer einer befreundeten Lehrerin Mitte 30 in Hamburg-Eppendorf.
Tatsächlich ertappe ich mich auch dabei, wie ich manchmal doch ein schlechtes Gewissen bekomme. Beispielsweise wenn ich die Bachelor-Kandidatinnen nach ihrem Aussehen beurteile und so etwas sage wie „Was findet er denn an der, die ist ja nun wirklich nicht hübsch?!“ – das würde mir im normalen Alltag nicht im Traum einfallen. Übel lästern, rumhaten und eben nix Intelligentes von uns geben – so sieht der Abend heute aus.
Das liest sich schon wie aus der Parallelwelt Fernsehkonsum. Als ob so ein Mädelsabend sektgeschwängerten Rudelguckens mit jeder Menge Ablästern, Schadenfreude und Fremdscham nichts mit dem “normalen Alltag” zu tun hätte. Seiffert tut es schließlich im Kreis ihrer normalen Freundinnen. Deshalb kann das dann doch nicht einfach ein sinnloser Zeitvertreib sein; es muß ein vernünftiges Argument her, warum man sich diese sexistische Kackscheiße reinzieht. Besagte Stelle geht nämlich wie folgt weiter:
Den ganzen Tag sind wir höflich, nett und halte mich mit abfälligen Bemerkungen zurück. Aber manchmal will man einfach mal scheiße sein, oder? Dann doch lieber in Eppendorf in vertrauter Frauenrunde als auf der Straße, im Büro oder bei der Familie.
Frau schaut den Bachelor nicht, um einen muskulösen Casanova anhimeln zu können oder sich zu versichern, wieviel cleverer sie als alle Rosen-Kandidatinnen zusammen ist, sie guckt ihn nicht, um darüber zu recherchieren, was die Unterschicht gerade so treibt. Eine gute Frau kann den Bachelor auch unironisch sehen. Selbst teilnehmen, möchten sie allerdings lieber doch nicht.
Dampf ablästern
Sich abreagieren, den Druck rausnehmen – verständlich. Nur müßte man diese Argumentationsweise eben auch auf andere Bereiche übertragen. Warum wird einerseits Trash-TV eine heilsame Ventilfunktion zugeschrieben, während auf der anderen Seite das regelmäßige Spielen von Ego-Shootern scheinbar zwangläufig in einem echten Amoklauf führt? Könnte es nicht genau andersrum sein? Wer im Wochenrhythmus am Bildschirm über Menschen lästert, der tut es womöglich auch bald über seine Arbeitskollegen in der Radaktion. Und das kann ja niemand wollen.
Feinste IRL-Grüße
Hendrik